Der Einsatz von Palmöl ist extrem weit verbreitet: Mit 66 Millionen Tonnen pro Jahr ist Palmöl das meist produzierte Pflanzenöl. Lebensmittel, Reinigungsprodukte und Kosmetika – Palmöl steckt in vielen Produkten. Das ist ein Problem, denn der weltweite hohe Bedarf und die damit verbundene Produktion an Palmöl bedrohen den Regenwald, die Arten, die dort leben, und auch Kleinbauern. Welche Rolle spielen die Inhaltsstoffe in Kosmetikprodukten und was bringt ein Verzicht auf Kosmetik mit Palmöl?
Warum ist Palmöl in Kosmetik so beliebt?
Palmöl ist ein sehr beliebter Rohstoff und steckt grob gesagt in jedem zweiten Supermarktartikel. Die Problematik rund um das Palmöl ist ebenso wie beim Mikroplastik grundsätzlicher Natur und nicht auf die Kosmetikindustrie beschränkt. Aber zunächst einmal einen Schritt zurück: Palmöl ist ein Pflanzenfett. Es wird aus dem Fruchtfleisch der Ölpalme gewonnen. In Indonesien und Malaysia liegen 85 Prozent der Anbauflächen für Palmöl. Die beiden Länder decken zusammen den größten Anteil der weltweiten Nachfrage nach Palmöl ab.
Europa ist mit 15 Prozent zweitwichtigster Importeur von Palmöl. Unsere Industrie liebt Palmöl, denn es ist geruchs- und geschmacksneutral und lässt sich sehr gut verarbeiten, weil es nicht gehärtet werden muss und einen sehr hohen Schmelzpunkt hat. Das ist besonders bei sehr langlebigen Lebensmitteln von Vorteil. Hinzu kommt, dass besonders rotes Palmöl reich an Vitamin E, Betacarotin und Vitamin A ist. Allein ein Esslöffel enthalt mehr als die empfohlene Tagesaufnahme.
Aber noch viel wichtiger: Palmöl ist günstig. Das liegt daran, dass die Ernteerträge einer Palmenplantage eben deutlich höher sind als bei anderen Pflanzen: Laut WWF liefern Raps, Kokos und Sonnenblume im Durchschnitt nur rund 0,7 Tonnen Öl pro Hektar. Bei Ölpalmen liegt der Ertrag bei durchschnittlich 3,3 Tonnen pro Hektar. Der Bedarf an Palmöl ist aber so hoch, dass dafür in großem Maße Regenwald gerodet, Landnutzungsrechte missachtet und bedrohte Tiere wie Orang-Utans, Sumatra-Elefanten und -Tiger vertrieben werden. Das macht Palmöl zu einem sehr fragwürdigen Rohstoff.
Kosmetika enthalten vergleichsweise wenig Palmöl
Lebensmittel, die Palmöl enthalten, sind zum Beispiel Tiefkühlpizza und Schokoriegel, aber auch in Biodiesel und Waschmitteln steckt Palmöl, um nur eine kleine Auswahl zu nennen. Auch bei der Produktion von Kosmetika wird Palmöl als vielseitiger Rohstoff eingesetzt. Allerdings muss man zur Verteidigung sagen, dass reines Palmöl in Kosmetik- und Pflegeprodukten praktisch gar nicht zum Einsatz kommt. Die kosmetischen Rohstoffe mit Palmölherkunft oder -anteil stehen immer relativ weit am Ende der Verwertungskette. Entsprechend ist der Anteil der Kosmetik am weltweiten Palmölverbrauch sehr klein.
Schwer zu erkennen: Kosmetika, die Palmöl enthalten
Das birgt aber ein anderes Problem: Menschen, die bewusst auf Palmöl verzichten möchten, haben es nicht leicht, entsprechende Kosmetik zu erkennen. Zum Beispiel: Eine Gesichtscreme enthält laut INCIs den Inhaltsstoff Zink Stearate oder Glycerin. Beides kann – muss aber nicht – auf der Basis von Palmöl hergestellt worden sein. Um das herauszufinden, muss man den Hersteller kontaktieren. Gleiches gilt bei allen Inhaltsstoffen der nachfolgenden Liste:
- 1-HEXADECANOL
- ALUMINIUM STEARATES
- CETEARYL ALCOHOL
- CETYL ALCOHOL
- CETYL PALMITATE
- ELAEIS GUINEENSIS OIL (So lautet der botanische Name der Ölpalme)
- ETHYLPALMITAT
- ETHYLHEXYLPALMITAT
- GLYCERIN (bei veganen Produkten entweder aus Kokosöl oder Palmöl hergestellt)
- GLYCERYL (STEARATE)
- HYDROGENATED PALM GLYCERIDE
- MAGNESIUM STEARATE
- NATRIUMDODECYLPOLY(OXYETHYLEN)SULFAT
- NATRIUMLAURYLSULFAT
- PALMITATE
- PALMITIC ACID
- PALMITOYL OXOSTEARAMIDE
- PALMITOYL TETRAPEPTIDE-3
- PEG-100 STEARATE
- POLYGLYCERYL-2-CAPRATE
- STEARATE
- STEARIC ACID
- SODIUM CETEARYL SULFATE
- SODIUM KERNELATE
- SODIUM LAUROYL LACTYLATE
- SODIUM LAURYL SULFOACETATE
- SODIUM PALM KERNELATE
- STEARETH -20
- ZINK STEARATE
- PALMATE (z.B. SODIUM PALMATE)
RSPO: Wie gut ist nachhaltiges Palmöl?
Vor fast 25 Jahren wurden Rufe nach nachhaltig produziertem Palmöl laut. Im Vordergrund stand, dass zukünftig keine Plantagen mehr auf neu gerodetem Regenwald entstehen sollten. Seitdem sind eine Reihe an Produktsiegeln entstanden, darunter Bio, Fair for Life und Rainforest Alliance. Das bekannteste Siegel ist das des RSPO, dem Roundtable on Sustainable Palm Oil (dt: Runder Tisch für nachhaltiges Palmöl).
Allerdings kritisieren Umweltschutzorganisationen die Nachhaltigkeitszertifikate als Greenwashing, unter anderem weil der RSPO beispielsweise nur sich selbst gegenüber Rechenschaft schuldig ist – ein Siegel von der Industrie für die Industrie. Empirische Studien über die positive Wirkung dieser Siegel fehlen bislang, stattdessen gibt es immer wieder Berichte über Verstöße. Auch die Kriterien sind teils fragwürdig, so verbietet der RSPO nicht wirklich die Rodung von Regenwald, sondern nur die Abholzung von Urwäldern und besonderen Schutzgebieten. Die Regierungen aus Malaysia und Indonesien setzen sich bislang auch nur wenig für strengere Auflagen beim Palmölanbau ein.
Kosmetik ohne Palmöl: Was bringt ein Verzicht wirklich?
Nachhaltiges Palmöl kann zumindest bislang keine wirkliche Alternative für kritische Verbraucher und Verbraucherinnen bieten. Dennoch erscheint es selbst Umweltorganisationen unrealistisch, Palmöl komplett aus unserer Gesellschaft zu verbannen. Die effektivere Lösung ist es, den Bedarf zu senken, während er momentan weltweit eher ansteigt. Ein Verzicht auf Palmöl in Biodiesel beispielsweise würde den deutschen Palmölverbrauch bereits um die Hälfte reduzieren. Auch ein bewusster Verbrauch von Schokolade, Snacks, Fertiggerichten und Fleisch mindert den Palmölbedarf deutlich mehr als der Verzicht auf eine bestimmte Creme. Mit welcher Konsequenz man sich dem Problem stellen möchte, ist aber natürlich eine persönliche Entscheidung.